Heute geht rein busmässig gar nichts in
Richtung Imphal, wir schieben einen Erholungstag in den Bergen ein. Die
Gegend um Shillong, südlich unserer neuen Hass-Stadt Guwahati gelegen,
ist traumhaft schön und erinnert mich ein wenig an Neuseeland mit einem
Schuss Italien drin. Die Luft ist frisch und klar, die Ausblicke sind
weit und schön. Eine willkommene Gelegenheit, uns mal wieder so richtig
durchzulüften und die geruchsschwangeren Ausdünstungen Guwahatis aus der
Nase zu bekommen.
Dort zurück versucht Horst zum wiederholten Male, unser derzeitiges Hauptproblem
zu lösen. Wir haben in Delhi zwar einen Passierschein für Manipur beantragt,
diesen aber bisher nicht in der Hand. Der in Guwahati ansässige dafür
zuständige Beamte sagt zwar permanent Aktivitäten zu, diese bleiben aber
ohne handgreifliches Ergebnis. Telefonische Rückfragen in Imphal ergeben,
dass unsere Unterlagen zwar dort angekommen sind, jedoch unvollständig
seien. Ob uns das Permit dort vor Ort ausgestellt werden kann, ist nicht
mit Sicherheit herauszubekommen.
Wir entschließen uns, unsere Tour auch ohne Papier in den Händen in die
vorgegebene Richtung fortzusetzen. Eine nicht ganz einfache Entscheidung,
denn neben unserer Berechtigungslosigkeit spricht auch die politische
Lage in Imphal eigentlich gegen eine Durchreise. Seit einigen Tagen legen
dort Streiks das öffentliche Leben lahm, die indische Armee hat zusätzliche
Einheiten dorthin verlegt. Auslöser der Unruhen ist der Mord an einer
32-Jährigen Frau, die angeblich Mitglied einer gegen den indischen Staat
operierenden Untergrundorganisation war. Als Täter wurden Soldaten ausgemacht,
die genauen Umstände ihres Todes sind Zeitungen zufolge noch unklar. Wir
haben trotzdem keine Wahl, einen anderen Landweg nach Myanmar gibt es
nicht.
Unser Zugfreund hat für morgen neun Plätze in einem der wenigen Richtung
Imphal fahrenden Busse reserviert. Die Nacht verbringen wir in ebenfalls
von ihm besorgten schicken Zimmern. Der Abend vergeht mit Gruppentherapie,
bei der unter Zuhilfenahme von vier Flaschen Hochprozentigem kulturgruppeninterne
Probleme und Grundeinstellungen der einzelnen Mitglieder analysiert werden.
Erfolgreich, jedoch sind die Patienten am kommenden Morgen deutlich von
der Behandlung gezeichnet.
Irgendjemand hat es geschafft, unsere reservierten Busfahrkarten für sich
selbst umzuwidmen. Also mieten wir gezwungenermaßen einen Jeep mit Fahrer,
der dem Bus folgen soll. Die Klamotten kommen auf's Dach, die Kulturgruppe
quetscht sich in die Blechkiste und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
zurück zum Tagesbericht vom 14.07.2004
Übersicht aller Artikel im Reisetagebuch
|