Luft und Couch vom 13./ 14.07.2004

Heute geht rein busmässig gar nichts in Richtung Imphal, wir schieben einen Erholungstag in den Bergen ein. Die Gegend um Shillong, südlich unserer neuen Hass-Stadt Guwahati gelegen, ist traumhaft schön und erinnert mich ein wenig an Neuseeland mit einem Schuss Italien drin. Die Luft ist frisch und klar, die Ausblicke sind weit und schön. Eine willkommene Gelegenheit, uns mal wieder so richtig durchzulüften und die geruchsschwangeren Ausdünstungen Guwahatis aus der Nase zu bekommen.

Dort zurück versucht Horst zum wiederholten Male, unser derzeitiges Hauptproblem zu lösen. Wir haben in Delhi zwar einen Passierschein für Manipur beantragt, diesen aber bisher nicht in der Hand. Der in Guwahati ansässige dafür zuständige Beamte sagt zwar permanent Aktivitäten zu, diese bleiben aber ohne handgreifliches Ergebnis. Telefonische Rückfragen in Imphal ergeben, dass unsere Unterlagen zwar dort angekommen sind, jedoch unvollständig seien. Ob uns das Permit dort vor Ort ausgestellt werden kann, ist nicht mit Sicherheit herauszubekommen.

Wir entschließen uns, unsere Tour auch ohne Papier in den Händen in die vorgegebene Richtung fortzusetzen. Eine nicht ganz einfache Entscheidung, denn neben unserer Berechtigungslosigkeit spricht auch die politische Lage in Imphal eigentlich gegen eine Durchreise. Seit einigen Tagen legen dort Streiks das öffentliche Leben lahm, die indische Armee hat zusätzliche Einheiten dorthin verlegt. Auslöser der Unruhen ist der Mord an einer 32-Jährigen Frau, die angeblich Mitglied einer gegen den indischen Staat operierenden Untergrundorganisation war. Als Täter wurden Soldaten ausgemacht, die genauen Umstände ihres Todes sind Zeitungen zufolge noch unklar. Wir haben trotzdem keine Wahl, einen anderen Landweg nach Myanmar gibt es nicht.

Unser Zugfreund hat für morgen neun Plätze in einem der wenigen Richtung Imphal fahrenden Busse reserviert. Die Nacht verbringen wir in ebenfalls von ihm besorgten schicken Zimmern. Der Abend vergeht mit Gruppentherapie, bei der unter Zuhilfenahme von vier Flaschen Hochprozentigem kulturgruppeninterne Probleme und Grundeinstellungen der einzelnen Mitglieder analysiert werden. Erfolgreich, jedoch sind die Patienten am kommenden Morgen deutlich von der Behandlung gezeichnet.

Irgendjemand hat es geschafft, unsere reservierten Busfahrkarten für sich selbst umzuwidmen. Also mieten wir gezwungenermaßen einen Jeep mit Fahrer, der dem Bus folgen soll. Die Klamotten kommen auf's Dach, die Kulturgruppe quetscht sich in die Blechkiste und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.

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