Gegen Mitternacht macht unser benebelter
Fahrer schlapp, Machine übernimmt in seiner unnachahmlichen Art das Steuer.
Der Rest der Gruppe findet groteske Schlafpositionen, Köpfe rollen hin
und her und werden ab und zu beim Durchqueren eines Schlagloches an die
Decke geschossen. Vor dem geschlossenen Schlagbaum nach Nagaland müssen
die Wachposten erst geweckt werden, die uns dann ohne Kontrolle durchfahren
lassen. Soviel zum Wert eines Nagaland-Permits.
Es ist noch nicht hell, da erreichen wir eine kilometerlange LKW-Schlange.
Rechts vorbeigezogen, bei Fahrzeug 200 stellt Höfel das Zählen ein. Ganz
vorn angelangt versperrt uns ein weiterer Schlagbaum den Weg. Hier an
diesem Grenzposten, der seltsamerweise Mao heißt (nach dem dahinterliegenden
Ort benannt), beginnt Manipur. Und wir holen den Bus ein, in dem alles
schläft. Jeden Knochen im Leibe spürend, überlegen wir, ob man sich vielleicht
hier noch mal irgendwo in den Schlafsack legen sollte. Es beginnt zu regnen.
Um 8 Uhr kommt Bewegung in die Situation. Unser Zugfreund bespricht mit
den Kontrollettis unsere Weiterfahrt und wir erfahren, dass ein Erdrutsch
80 Häuser von Mao mit sich genommen und die Straße für LKW nahezu unpassierbar
gemacht hat. Plötzlich geht die Schranke auf, wir stressen wieder ohne
Kontrolle durch und stehen auf der anderen Seite vor einer Straße, die
auf einer Länge von 300 Metern abgesunken und zerstört ist. Nach kurzer
Ortsbegehung macht sich Machine ans Werk, das Gefährt springt förmlich
über den deformierten Untergrund. Das haben wir bisher nur bei der Rallye
Paris-Dakar gesehen.
Weiter geht die Fahrt, nach wenigen weiteren Kilometern stehen wir vor
einer Schlammlawine, die eine Weiterfahrt unmöglich macht. Der Buschfunk
meldet, dass ein Bulldozer angefordert, dessen Fahrer aber unauffindbar
ist. Zwei weitere Stunden im engen Gefährt vergehen, bei strömendem Regen
hat es erstaunlicherweise auch der Bus geschafft, bis hierher vorzudringen.
Nach kurzer Besprechung mit unserem Zugfreund entschließen wir uns zum
Schnitt. Der Fahrer wird ausbezahlt und die Kulturgruppe reiht sich in
den Menschenzug durch die links von der Unglücksstelle gelegenen Reisfeldern
ein. Erfreulicherweise halten die schmalen Lehmwände zwischen den etwa
30 Zentimeter tief mit Wasser bedeckten Feldern, lediglich ich pfeife
schnell auf trockene Füsse und wate durch den Schlamm. Wieder auf der
Straße ergattern wir einen Platz auf dem Dach eines Busses, der nach weiteren
fünf Kilometern erneut stehen bleiben muss.
Wassermassen wälzen sich auf einer Länge von einem Kilometer über die
Straße, links und rechts steht kein Stein mehr auf dem anderen. Da das
Umland flach ist, wird gemutmaßt, dass ein Dammbruch die Katastrophe ausgelöst
hat. Also wieder gewatet, wobei die Einheimischen die neun, für hiesige
Verhältnisse körperlich sehr großen Hellhäutigen interessiert beäugen.
Mit einem lustigen Lied auf den Lippen erreichen wir trockenen Untergrund,
unser Zugfreund macht einen Bus klar. Gegen 16 Uhr kommt Imphal in Sicht.
Und nicht nur das.
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