Blätter und Schlamm vom 14./ 15.07.2004

Gegen Mitternacht macht unser benebelter Fahrer schlapp, Machine übernimmt in seiner unnachahmlichen Art das Steuer. Der Rest der Gruppe findet groteske Schlafpositionen, Köpfe rollen hin und her und werden ab und zu beim Durchqueren eines Schlagloches an die Decke geschossen. Vor dem geschlossenen Schlagbaum nach Nagaland müssen die Wachposten erst geweckt werden, die uns dann ohne Kontrolle durchfahren lassen. Soviel zum Wert eines Nagaland-Permits.

Es ist noch nicht hell, da erreichen wir eine kilometerlange LKW-Schlange. Rechts vorbeigezogen, bei Fahrzeug 200 stellt Höfel das Zählen ein. Ganz vorn angelangt versperrt uns ein weiterer Schlagbaum den Weg. Hier an diesem Grenzposten, der seltsamerweise Mao heißt (nach dem dahinterliegenden Ort benannt), beginnt Manipur. Und wir holen den Bus ein, in dem alles schläft. Jeden Knochen im Leibe spürend, überlegen wir, ob man sich vielleicht hier noch mal irgendwo in den Schlafsack legen sollte. Es beginnt zu regnen.

Um 8 Uhr kommt Bewegung in die Situation. Unser Zugfreund bespricht mit den Kontrollettis unsere Weiterfahrt und wir erfahren, dass ein Erdrutsch 80 Häuser von Mao mit sich genommen und die Straße für LKW nahezu unpassierbar gemacht hat. Plötzlich geht die Schranke auf, wir stressen wieder ohne Kontrolle durch und stehen auf der anderen Seite vor einer Straße, die auf einer Länge von 300 Metern abgesunken und zerstört ist. Nach kurzer Ortsbegehung macht sich Machine ans Werk, das Gefährt springt förmlich über den deformierten Untergrund. Das haben wir bisher nur bei der Rallye Paris-Dakar gesehen.

Weiter geht die Fahrt, nach wenigen weiteren Kilometern stehen wir vor einer Schlammlawine, die eine Weiterfahrt unmöglich macht. Der Buschfunk meldet, dass ein Bulldozer angefordert, dessen Fahrer aber unauffindbar ist. Zwei weitere Stunden im engen Gefährt vergehen, bei strömendem Regen hat es erstaunlicherweise auch der Bus geschafft, bis hierher vorzudringen. Nach kurzer Besprechung mit unserem Zugfreund entschließen wir uns zum Schnitt. Der Fahrer wird ausbezahlt und die Kulturgruppe reiht sich in den Menschenzug durch die links von der Unglücksstelle gelegenen Reisfeldern ein. Erfreulicherweise halten die schmalen Lehmwände zwischen den etwa 30 Zentimeter tief mit Wasser bedeckten Feldern, lediglich ich pfeife schnell auf trockene Füsse und wate durch den Schlamm. Wieder auf der Straße ergattern wir einen Platz auf dem Dach eines Busses, der nach weiteren fünf Kilometern erneut stehen bleiben muss.

Wassermassen wälzen sich auf einer Länge von einem Kilometer über die Straße, links und rechts steht kein Stein mehr auf dem anderen. Da das Umland flach ist, wird gemutmaßt, dass ein Dammbruch die Katastrophe ausgelöst hat. Also wieder gewatet, wobei die Einheimischen die neun, für hiesige Verhältnisse körperlich sehr großen Hellhäutigen interessiert beäugen. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen erreichen wir trockenen Untergrund, unser Zugfreund macht einen Bus klar. Gegen 16 Uhr kommt Imphal in Sicht. Und nicht nur das.

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