Strand und Bourbon vom 19.08.2004

Bei den Kameraden ging’s gestern doch wohl ein wenig länger, ich stehe ausgeschlafen um 8 Uhr für den Strandspaziergang parat. Der Wind tobt, die Wellen peitschen und weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Gleich um die Ecke hat ein Tante-Emma-Laden geöffnet. Ich kaufe eine neue Telefonkarte und melde mich mal wieder in Deutschland. Zum ersten Mal in meinem Leben packt mich so was wie Heimweh. Auch eine neue Erfahrung dieser Reise.

Als Ausgleich für die sitzende Tätigkeit der vergangenen Tage startet die wieder erwachte Kulturgruppe zum kollektiven Strandlauf, ich laufe in die andere Richtung. Gemeinsame Läufe waren noch nie mein Ding, ich bekomme dann immer gleich übertriebenen sportlichen Ehrgeiz. Die anderen waren auch deutlich länger unterwegs.

Beim Frühstück werden wir von einem riesigen Möwenschwarm neidisch beäugt und machen diese gigantischen Motorhomes der amerikanischen Camp-Freunde zum Thema. Wir war neu, dass es die jetzt auch zum seitlichen Ausschieben gibt. Dadurch sollte die zur Verfügung stehende Fläche inzwischen die durchschnittliche Wohnungsgröße der New Yorker erreicht haben.

Am frühen Nachmittag setze ich mich mal wieder ans Steuer, gegen 20 Uhr erreichen wir schlaglöcherdurchquerend New Orleans. Zwischendurch müssen wir diverse Male stehen bleiben, um unser Dachgepäck zu richten. In den vergangenen Tagen haben die Spannriemen die Dachreling gelockert, ein hoher pfeifender Ton ab Tempo 60 Meilen ist die Folge. Horst greift zu Ohrenstöpseln, wir anderen haben ein Tinnitus-Gefühl. Es gelingt, den Dauerton auf ein erträgliches Maß zu drosseln.

Ich bin erstaunt, dass New Orleans eine typisch amerikanische Skyline aufzuweisen hat. Das passt nicht zu meinem Bild der Stadt. Wir steuern direkt auf das French Quarter zu und halten vor dem erstbesten Hotel. Wieder einmal ist der heilige Cristopherus bei uns, für den in dieser Gegend tatsächlichen Spottpreis von 119 Dollar kriegen wir die „Suite“ des Hauses für uns alle. Die „Suite“ ist eine Art zweistöckiges Zimmer, in dem wir uns auf Couch, Bett und Fußboden einrichten und von einem schmiedeeisernen Balkon aus den ersten Blick auf die sagenumwobene Bourbon-Street erhaschen.

Nach dringend notwendiger Säuberung der kompletten Kulturgruppe stürzen wir uns ins Getümmel. Eine aus Freaks und Touristen bestehende Menschenmasse wälzt sich an unzähligen Kneipen, Restaurants und natürlich Live-Musik-Bühnen vorbei. Auf der Straße darf Bier aus Plastikbechern getrunken werden (!) und jeder Nachtschwärmer, der etwas auf sich hält, hat mindestens eine aus Plastikperlen bestehende Glitzerkette um.

Voodoo und Geistergeschichten spielen allenthalben eine große Rolle, geführte Touren bringen die Interessierten an die entsprechenden kultischen oder gruseligen Orte. Zwerg und ich enden morgens um 5 in einer Heavy-Metal-Kneipe, die Freunde haben zwischendurch schon aufgegeben. Bourbon-Street ist mit Sicherheit eine der besten Party-Meilen der Welt.

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