Überirdisch und Unterirdisch vom 23.06.2004

Im Bauxitgebiet unterm Aluminiumdach wird’s trotzdem feucht. Und zwar durch die Zusammenarbeit von Regen und Wind von der Seite her, so dass unsere Nacht mal wieder um 5.30 Uhr vorbei ist. Also übermüdet wieder zurück auf die Straße, die uns innerhalb von zwei Stunden nach Göreme führt. Hier haben sich vor 1500 Jahren die Menschen entschieden, der brütenden Hitze durch den Umzug in Höhlen zu entgehen.

Sowohl in Berghänge als auch in zahlreich in der Landschaft stehende, vom Wind geformte Phallussymbole schlugen sie Höhlen durch den Tuffstein, religiös genutzte Räume erhielten prächtige Ikonen und andere Verzierungen. Unsere erzwungene frühe Ankunft an diesem beeindruckenden Zeugnis der Schaffenskraft von Mensch und Natur stellt sich nun als Glücksfall heraus. Ungestört von Hitzeorgien und Touristenhorden kann die Kulturgruppe das Gelände kraxelnd erkunden.

Nach verdienter Stärkung in einer Restauranthöhle, deren gewagt konstruierte Zugangsleiter alle Gruppenmitglieder wider Erwarten unverletzt verlassen, erwartet uns in Kaymakli ein weiteres Zeugnis eigenwilligen menschlichen Wohnungsbaus. Zu byzantinischen Zeiten schufen sich die Bewohner einen Rückzugspunkt vor Kriegswirren und marodierenden Horden, in dem sie sich eingruben. Über die Jahrhunderte entstand so eine unterirdische Stadt mit acht Stockwerken, in der bis zu 10.000 Menschen monatelang überleben konnten. In Friedenszeiten dienten die durchgehend 15°C kühlen und durch Gänge mit allen oberirdischen Häusern verbundenen Räume als Lebensmittellager.

Diesmal kann uns der heilige Christopherus nicht mehr gänzlich beschützen. Bei einem kleinen Sprüngchen verletzt sich Gunnar am Bein und wird die kommenden Stationen sicherlich nur noch humpelnd absolvieren können. Das heimatliche Netzwerk hält dieser ersten Belastungsprobe stand, per Mail und Telefon übermittelt Cora Behandlungstipps sowie eine Kurzeinführung in Lymphdrainage. Das Bein wird wohl dran bleiben können.

Das abendliche Deutschland-Spiel erleidet die kulturell und kulinarisch abgefüllte Kulturgruppe am Mittelmeer, kurz vor der syrischen Grenze. Deutschland ist draußen, das Meer rauscht und acht Freunde treten zum Schnarchwettbewerb an. Zwerg dokumentiert auf einem Diktiergerät, dass Flemme eindeutig behandlungsbedürftig ist. Nachts regnet es dann wieder.

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