Ho Chi Minh und Abzocker vom 23.07.2004

Der Motor dröhnt, ab 7 Uhr sind wir wieder auf der Jagd. Gegen 10 Uhr stehen wir an der als solches schwer zu definierenden Staatsgrenze, die Ausreise aus Laos funktioniert tadellos. An einer gesperrten Autobrücke vorbei schleppen wir uns durch den Schlamm zu einem provisorischen vietnamesischen Abfertigungshaus, von hier aus weiter durch den Schlamm bis zur vietnamesischen Zollvilla. Die Beamten sind äußerlich freundlich, jeder von uns darf seine stinkenden Klamotten und andere Habseligkeiten beäugen lassen. Im „Ehrenraum" gibt es dafür Reisschnaps unter dem Bildnis von Ho Chi Minh. Dort hängt seit dem auch ein Wimpel des FC Carl Zeiss Jena. Jetzt müssen die wirklich aufsteigen.

Nach einer heftigen aber siegreichen Auseinandersetzung mit der Polizei über die Frage, ob wir mitsamt Sachen zum ersten Kontrollpunkt zurückschlammen sollen, kann es nach für vietnamesische Beamtenverhältnisse sehr kurzen zwei Stunden weitergehen. Wir haben Glück, der Besitzer eines russischen Transportfahrzeuges erklärt sich bereit, uns für einen in dieser Gegend absolut utopischen Preis die 24 Kilometer bis zum nächsten Dorf zu bringen. Andere Transportmittel stehen nicht zur Verfügung. Straßen gibt es hier nicht, vor drei Tagen hat ein Sturm viele der bisherigen Bauanstrengungen wieder zunichte gemacht. Erdrutsche versperren ständig den Weg, wir wedeln mit heulendem Motor durch die Erdmassen. Direkt vor uns schlägt ein Gesteinsbrocken von etwa einem Meter Durchmesser in den Fahrweg ein. Das Leben ist tatsächlich eine Abfolge von Zufällen.

In Nam Can angelangt, haben wir noch gar nichts geschafft. In dem Straßendorf gibt es außer ein paar Häusern nicht viel, aber ein Bus nach Vienh soll fahren. Die Angaben zu den Abfahrtszeiten schwanken zwischen 16 und 21 Uhr. Wir entdecken eine UN-Niederlassung, in der ein Einheimischer mit Englisch-Kenntnissen arbeitet. Er erläutert, dass der Bus mehrfach durchs Dorf fahre und jeder Zusteigwillige nur zu winken habe. Während er dies spricht, kommt ein solches Gefährt des Wegs und wir können zu einem extrem nervigen Teil unserer Tour aufbrechen.

Der Kleinbus hat etwa 20 Sitzplätze und wird ohne Rücksicht auf Verluste vollgestopft. Auf dem Höhepunkt transportiert er etwa 40 zusammengepferchte Leiber und einen Affen, der in einem zusammengeschusterten Käfig vor sich hin leidet. Auf Frauen trampeln die männlichen Mitfahrer auf der Suche nach Zigaretten schon mal ohne Entschuldigung herum, von asiatischer Zurückhaltung ist hier nichts zu spüren. Nach etwa der Hälfte der Strecke erklärt der Fahrer, er werde erst weiterfahren, wenn jeder von uns 20 Dollar zahle. Der Preis für die Einheimischen liegt bei einem Dollar, drei waren für uns ausgemacht. Macht unserer Masse setzen wir einen Preis von fünf Dollar durch. Fahrer und Besatzung ist die Enttäuschung über die misslungene Touri-Abzocke deutlich ins Gesicht geschrieben.

Beim nächsten Halt begeben sich unsere Mitreisenden zum Essen, wir halten trotz anhaltenden Protestes des Bus-Kassierers schichtweise Wache im Gefährt. Da taucht aus dem Nichts die Erlösung auf. Ein leerer Bus hält direkt neben unserem, hat als Fahrtziel Hanoi und Zwerg tritt umgehend in Verhandlungen ein. Boykottversuche unserer bisherigen Transporteure müssen nachdrücklich gebrochen werden, dann sitzen wir in dem deutlich größeren Gefährt. Morgens um 5 Uhr steht die geschlauchte Kulturgruppe auf einem kleinen Busbahnhof in Vietnams Hauptstadt.

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