Fahrkarteneule und Halong vom 24.07.2004

Hanoi empfängt uns mit aufgehender Sonne und Schweinetransporten. An unseren Taxis vorbei werden Schweinehälften auf Mofas transportiert, sechs Stück passen in den Fußraum und auf den Gepäckträger. Dann stehen wir in der noch schlafenden Altstadt, wehren Hotelschlepper ab und finden ein offenes Cafe als Hauptquartier für die kommenden Stunden.

O.F. und ich machen uns auf die Sandalen, um die Zugfahrkarten von Hanoi nach Guilin/China zu besorgen. Davon hängen alle weiteren Planungen ab, ohne Tickets müssen wir uns bisher unbekannte Wege erschließen, um am 30. pünktlich in Hongkong sein zu können. Auf dem Hauptbahnhof von Hanoi gibt es einen eigens für Ausländer eingerichteten Schalter, an dem internationale Verbindungen gebucht werden können. Hinter der Glasscheibe sitzt eine bebrillte ältere Dame, die menschlichen Regungen unzugänglich zu sein scheint und mangels Computer alle Dokumente per Hand auszustellen hat.

Bei unserem ersten Versuch haben wir die Pässe mit den China-Visa nicht dabei, beim zweiten hält einen größere Reisegruppe den Betrieb auf. Es ist inzwischen 9.30 Uhr als wir zur Dame vorgedrungen sind und unsere Wünsche äußern können. Plätze gebe es, so die Beamtin, allerdings brauche sie schätzungsweise zwei Stunden für das Ausstellen der Fahrscheine. Unter den unruhigen Augen diverser Wartender macht die Dame sich daraufhin mit stoischer Ruhe an das Ausfüllen unzähliger Vordrucke, Durchschläge und Listen. Uns Deutsche würde bei einer derartigen Tätigkeit mit Sicherheit umgehend eine chronische Sehnenscheidenentzündung ereilen.

Ich begebe mich während dessen auf die Suche nach einem Geldautomaten, denn Kreditkarten gehen hier nicht. Neun Millionen Dong wollen erst einmal abgehoben sein, nach Pfadfinderhilfe durch mehrere Moped-Taxis kann ich mich ans Werk machen. Millionär zu sein, ist ein gutes Gefühl, auch wenn das Geldbündel mir die Tasche zu sprengen droht. Um 11.30 Uhr haben wir die planmäßige Fortsetzung unserer Tour in der Tasche, um 12 Uhr startet der Bus Richtung Halong-Bucht.

Die Kameraden haben während unserer Abwesenheit eine Zweitagestour in dieses Wunderwerk der Natur gebucht. Der Preis scheint o.k., dafür machen wir auf halbem Wege Station in einer Art Kaufhalle für kitschige Gegenstände, die angeblich in einer anliegenden Behindertenwerkstatt gefertigt werden. Vermutlich ist es mittlerweile wirklich unmöglich, sich im Umfeld bemerkenswerter Teile unserer Welt dem Touristen-Nepp zu entziehen. Gekauft hat übrigens niemand etwas.

Per Schiff geht es in das Gewirr der schätzungsweise dreitausend Inseln und Felsformationen, die die Halong-Bucht so einmalig machen. Das grünliche Wasser fräst sich durch Höhlen und Tunnel, der Wind feilt scharfkantige Steingebilde zurecht. Die Kulturgruppe wird sentimal, die Schönheit der Natur regt den Gedankenfluss an. Der Abend geht mit Schwelgen dahin, die Nacht soll auf dem Oberdeck verbracht werden. Ein Regenguss in der Früh verwehrt einen verschlafenen Blick auf den Sonnenaufgang, unter Deck dröhnt der Motor. Die Matratzen trocknen im Flur.

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