Nach Veröffentlichung des gestrigen Beitrages
erreichten mich mehrere die Überschrift betreffende Anfragen. Lance könne
man ja noch verstehen, nur die Massage sorge für Unsicherheit. Für alle
Träger schmutziger Gedanken: Gemeint war die Seelen- und Muskelmassage
als Folge sportlicher Betätigung. Anderen Formen steht die Kulturgruppe
resistent gegenüber.
Der Morgen im Betonklotz-Hotel beginnt mit einem erneuten Kulturschock
für Hai Ho. Das schon bezahlte spärliche Frühstück enthält kein Getränk,
für uns Deutsche ein unglaublicher Vorfall. Wegen der ?Abzock-Erfahrungen"
der vergangenen Tage mischt sich zudem ein wenig Unmut in die Diskussion.
Ein typisches Beispiel dafür, wie ein an sich nichtiger Anlass als entscheidender
Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann. Das lautstarke Aufeinandertreffen
unterschiedlicher Kulturen endet mit einer zusätzlichen Zahlung durch
uns und einer schriftlichen Entschuldigung durch unseren Guide. Angenommen.
Um 9 Uhr sitzen wir wieder auf dem Boot Richtung Festland. Aus dem Führerhaus
ist alle 20 bis 30 Minuten ein saugendes Geräusch zu vernehmen. Die gesamte
Besatzung hängt an der Opium-Pfeife, was den verhangenen Blick und die
abgemagerten Körper erklärt. Wir halten Bier dagegen und laufen mit ?Child
in Time" in den Hafen ein. Das Mittagessen wir zu einem kulinarischen
Fest, gut gemachte vietnamesische Küche ist wirklich grandios.
Auf der Fahrt nach Hanoi fällt uns beim Blick aus dem Fenster auf, dass
so gut wie alle weiblichen Mopedfahrer, die zu beobachtenden Zweiradhorden
schlagen die italienische Konkurrenz locker von der Straße, vermummt sind.
Das Gesicht ist mit Tüchern verhüllt, viele tragen in der brennenden Sonne
weiße Handschuhe. Als Erklärung teilt uns Hai Ho mit, dass weiße Haut
als schick gilt. Braungebrannt sind die Feldarbeiter, wer sich für etwas
Besseres hält, kommt fahl daher. Aus dem selben Grund lassen sich viele
Männer extrem lange Fingernägel wachsen, um damit zu zeigen, dass sie
nicht mit den Händen arbeiten müssen. Vom ästhetischen Standpunkt aus
bin ich froh, dass diese Zeichensprache Deutschland bisher nicht erreicht
hat.
Durch Glück finden wir ein Hotel in der Altstadt von Hanoi, dass mit riesigen
Zimmern und großen Balkons glänzen kann. In den schmalen Gassen herrscht
reger Verkehr, Läden mit einem breiten Angebot an schwarzgebrannten CD's
und DVD's erfreuen sich regen Zuspruchs der Touristen. Nach einer gemeinschaftlichen
Rikscha-Tour landen wir in einem Dachrestaurant, in dem es aus Schnirps
herausbricht. Er könne keinen Reis mehr sehen, sehne sich nach deutscher
Küche und überhaupt mache ihn dieses Essen mittlerweile krank. Er weicht
auf einen vietnamesischen Burger aus, selber Schuld kann man da nur sagen.
Ich hatte leider dasselbe bestellt und habe es ebenfalls überlebt.
Das Nachtleben in Hanoi muss da gewesen sein, wo wir nicht waren. Ab 22.30
Uhr sind die Straßen wie ausgestorben, nur die Müllabfuhr macht noch ein
bisschen Krach. Die Straßen sind wirklich bemerkenswert sauber.
Am kommenden Morgen erobern wir unser bereits bewährtes Frühstücksrestaurant
zurück, von wo aus grüppchenweise ausgeschwärmt wird. E-Mails sind zu
schreiben, Einkäufe zu tätigen und ein Flugticket für unseren Freund Ulla
muss umgebucht werden. Wir müssen ihn leider schon früher als geplant
nach Hause schicken, das Schiff legt nach telefonischer Mitteilung des
Agenten bereits am 30. ab. Geplant war der 1., schade. Um 17 Uhr stehen
wir auf dem Bahnhof, um 18.30 Uhr setzen sich die nicht üblen Liegewagen
gen Guilin in Bewegung.
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