Pfeife und Burger vom 26./27.07.2004

Nach Veröffentlichung des gestrigen Beitrages erreichten mich mehrere die Überschrift betreffende Anfragen. Lance könne man ja noch verstehen, nur die Massage sorge für Unsicherheit. Für alle Träger schmutziger Gedanken: Gemeint war die Seelen- und Muskelmassage als Folge sportlicher Betätigung. Anderen Formen steht die Kulturgruppe resistent gegenüber.

Der Morgen im Betonklotz-Hotel beginnt mit einem erneuten Kulturschock für Hai Ho. Das schon bezahlte spärliche Frühstück enthält kein Getränk, für uns Deutsche ein unglaublicher Vorfall. Wegen der ?Abzock-Erfahrungen" der vergangenen Tage mischt sich zudem ein wenig Unmut in die Diskussion. Ein typisches Beispiel dafür, wie ein an sich nichtiger Anlass als entscheidender Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen kann. Das lautstarke Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen endet mit einer zusätzlichen Zahlung durch uns und einer schriftlichen Entschuldigung durch unseren Guide. Angenommen.

Um 9 Uhr sitzen wir wieder auf dem Boot Richtung Festland. Aus dem Führerhaus ist alle 20 bis 30 Minuten ein saugendes Geräusch zu vernehmen. Die gesamte Besatzung hängt an der Opium-Pfeife, was den verhangenen Blick und die abgemagerten Körper erklärt. Wir halten Bier dagegen und laufen mit ?Child in Time" in den Hafen ein. Das Mittagessen wir zu einem kulinarischen Fest, gut gemachte vietnamesische Küche ist wirklich grandios.

Auf der Fahrt nach Hanoi fällt uns beim Blick aus dem Fenster auf, dass so gut wie alle weiblichen Mopedfahrer, die zu beobachtenden Zweiradhorden schlagen die italienische Konkurrenz locker von der Straße, vermummt sind. Das Gesicht ist mit Tüchern verhüllt, viele tragen in der brennenden Sonne weiße Handschuhe. Als Erklärung teilt uns Hai Ho mit, dass weiße Haut als schick gilt. Braungebrannt sind die Feldarbeiter, wer sich für etwas Besseres hält, kommt fahl daher. Aus dem selben Grund lassen sich viele Männer extrem lange Fingernägel wachsen, um damit zu zeigen, dass sie nicht mit den Händen arbeiten müssen. Vom ästhetischen Standpunkt aus bin ich froh, dass diese Zeichensprache Deutschland bisher nicht erreicht hat.

Durch Glück finden wir ein Hotel in der Altstadt von Hanoi, dass mit riesigen Zimmern und großen Balkons glänzen kann. In den schmalen Gassen herrscht reger Verkehr, Läden mit einem breiten Angebot an schwarzgebrannten CD's und DVD's erfreuen sich regen Zuspruchs der Touristen. Nach einer gemeinschaftlichen Rikscha-Tour landen wir in einem Dachrestaurant, in dem es aus Schnirps herausbricht. Er könne keinen Reis mehr sehen, sehne sich nach deutscher Küche und überhaupt mache ihn dieses Essen mittlerweile krank. Er weicht auf einen vietnamesischen Burger aus, selber Schuld kann man da nur sagen. Ich hatte leider dasselbe bestellt und habe es ebenfalls überlebt.

Das Nachtleben in Hanoi muss da gewesen sein, wo wir nicht waren. Ab 22.30 Uhr sind die Straßen wie ausgestorben, nur die Müllabfuhr macht noch ein bisschen Krach. Die Straßen sind wirklich bemerkenswert sauber.

Am kommenden Morgen erobern wir unser bereits bewährtes Frühstücksrestaurant zurück, von wo aus grüppchenweise ausgeschwärmt wird. E-Mails sind zu schreiben, Einkäufe zu tätigen und ein Flugticket für unseren Freund Ulla muss umgebucht werden. Wir müssen ihn leider schon früher als geplant nach Hause schicken, das Schiff legt nach telefonischer Mitteilung des Agenten bereits am 30. ab. Geplant war der 1., schade. Um 17 Uhr stehen wir auf dem Bahnhof, um 18.30 Uhr setzen sich die nicht üblen Liegewagen gen Guilin in Bewegung.

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