Frank und Ulla vom 30.07.2004

Von Shenzhen habe ich vor unserer Fahrt noch nie etwas gehört. Die Stadt hat zehn Millionen Einwohner, für chinesische Verhältnisse mittelgroß, und ist mit einer stacheldrahtbewehrten Mauer von Hongkong getrennt. Taxis bringen uns zum Grenzübergang, schneller als erwartet stehe ich in einem meiner früheren Traumziele.

Ab in die U-Bahn, am Fenster zieht eine bergige Landschaft vorbei, im Fernsehen habe ich die ehemalige britische Kolonie immer anders gesehen. Erstaunlicherweise ist die Verständigung mit den Einheimischen relativ schwierig, Englisch spricht so gut wie niemand. Trotzdem stehen wir kurz vor Mittag im Containerhafen. Dieser wird von diversen Wachkräften abgeschirmt, selbst das Sitzen am Zaun ist verboten. Der Agent der Schifffahrtslinie hilft uns durch die Kontrollen, Ulla muss draußen bleiben. Nach einer kurzen Busfahrt durch einen Wald aus Containern stehen wir vor unserem beeindruckenden Zuhause für die kommenden zwei Wochen: der Pugwash Senator.

Das unter deutscher Flagge laufende Schiff ist 300 Meter lang und kann bis zu 4.500 Container gleichzeitig transportieren. Mit einer Geschwindigkeit von maximal 24 Knoten pflügt sie Tag und Nacht durch die Weltmeere. Unsere Kammern sind groß und komfortabel, nach kurzer Besichtigung sammeln wir vor dem Hafentor Ulla wieder ein und brechen Richtung Hongkonger Innenstadt auf.

Frank, ein Bekannter unserer Freundin Daga, lebt hier und führt uns in eines der besten Restaurants der Stadt aus. Er wird sich auch in den kommenden zwei Tagen um Ulla kümmern, der am 1. nach Hause fliegt. Bei leckerem Essen erfahren wir eine Menge über Land und Leute, ein kurzer Spaziergang auf der "Avenue of Stars" verschafft uns dann doch noch den berühmten Blick auf die Skyline von Hongkong Island. Die Stimmung ist trotz allem gedrückt, nach 41 Tagen des Teilens von Freud und Leid ist die Stunde des einstweiligen Abschieds von Ulla gekommen. Du wirst uns fehlen, Freund.

Die Hafenausfahrt ist laut Kulturgruppe und Schiffscrew beeindruckend, Licht und Stadt gehen eine nur selten zu beobachtende Symbiose ein. Ich liege derweil im Bett und möchte einfach nichts mehr sehen. Daher habe ich nichts "verpasst", wie einige Freunde vorwurfsvoll meinen, sondern genau die Ruhe gehabt, die mein mit Bildern und Eindrücken bis zum Platzen vollgestopfter Kopf nötig hat.

Die Pugwash Senator verfügt über keine permanente für uns nutzbare Datenübertragung. Die Zahl der Berichte wird daher bis zu unserer Ankunft in Long Beach spärlich werden. Bleiben Sie dran!

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