Bowling und Quarz vom 15.08.2004

Die Nacht ist kurz, um 7 Uhr laufe ich vom Hostel zum Auto, das wir sicherheitshalber am Vorabend vor der Bar haben stehen lassen. Wegen Alkohol am Steuer Bekanntschaft mit amerikanischen Gefängnissen zu machen, wäre das dümmste Denkbare. Gegen 8 Uhr rollt der Pontiac Richtung LA Flughafen. Los Angeles ist wirklich mehr ein Zustand bzw. ein Lebensgefühl als eine Stadt. Joggende Menschenmassen morgens auf der Straße, durchgeknallte Raucher abends vor den Clubs. Und dazwischen Hollywood.

Auf LAX, so die offizielle Bezeichnung auf den Straßenschildern, angekommen, soll das Ticket von Schnirps umgebucht werden. Er hatte der Sicherheit halber den spätest möglichen Termin zur gerade noch so pünktlichen Wiederkehr in die Arbeitswelt gebucht, um der Unsicherheit der Schiffsankunft Rechnung zu tragen. Am Schalter stehend, schlafen Dolmetscher Horst von der Ferne aus gesehen die Gesichtszüge ein. Wie sich später herausstellt, ist der Flug von Herrn Dern gestrichen worden, weil er den Hinflug nicht angetreten hat. Die Fluggesellschaften zwingen ihre Gäste mit in meinen Augen schwachsinniger Preispolitik dazu, Hin- und Rückflug zu buchen, obwohl man bloß einen von beiden braucht. Ich habe bis jetzt bloß noch nicht begriffen, wer ihnen dann das Recht gibt, bezahlte Plätze einfach noch einmal zu verkaufen. Wer mir mit juristischen Grundlagen aushelfen kann, möge sich bitte wie gewohnt unter gr@w80.de melden.

Der Flug zurück auf dem schon einmal bezahlten Platz soll dann auch nur 2100 Dollar kosten. Nach der Veranstaltung von viel Wirbel und Herbeizitierung des Chefs lässt sich US Airways gnädig dazu herab, für „nur“ 150 Dollar die „alte“ Buchung wieder aufleben zu lassen. Glück gehabt?!

Jedenfalls hat Schnirps jetzt zwangsläufig noch anderthalb Tage Zeit und LA ist für den Fremden eine unfreundliche Stadt. Da nehmen wir ihn doch einfach mit nach Phoenix, die 650 Kilometer kommt er morgen schon irgendwie zurück. Die Auffahrt auf den Highway 10 beschert uns noch einmal einen schönen Blick über Downtown LA, dann geht es quer durch Kalifornien bis Arizona. Die Landschaft ist bergiger als von mir erwartet. Einfach wunderschön.

In Phoenix erwartet uns eigentlich ein Fernsehteam, um die acht deutschen Weltreisenden für die Morgensendung eines Regionalsenders zu interviewen. Leider hat die Flughafennummer länger gedauert als gedacht, so dass wir zu spät zu unserem großen Auftritt kommen. Das hätte ich gerne gemacht. Dafür empfängt uns Klaus, ein Ex-Kollege von Horst und Österreicher, in einem irischen Pub (!) in einem gutbürgerlichen Vorort von Phoenix. Von der Stadt selber haben wir nur die amerikatypische Skyline gesehen, nach dem Pub-Besuch wird gebowlt.

Das örtliche Bowling-Zentrum ist total leer, heute ist Sonntag. Und an diesem Tag gehe man wegen des zwangsläufig folgenden Montags als amerikanischer Mittelständler nicht aus, belehrt uns Marie, die Freundin von Klaus. Über die Spielergebnisse mag ich hier gerne den Mantel des Schweigens decken, die Sieger haben sich jedenfalls sehr gefreut. Wir schlafen im Büro von Klaus, der eine Firma für Herstellung und Vertrieb von Quarzglas-Produkten mitbetreibt. Da weiß ich nach einer morgendlichen Führung jetzt auch eine ganze Menge drüber. Amerikanisches Bier ist übrigens nicht ganz so wirkungslos, wie die Legende uns Deutschen weismachen will. Ehrlich.

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