Der Morgen beginnt etwas zögerlich,
gegen 11 Uhr haben sich aber alle Kämpfer aus den Betten erhoben.
Bernde und ich entern ein Internet-Cafe, die Heimat braucht frisches Material.
Die Tagesplanung sieht eine Tour durch das Mississippi-Delta vor. Ich
drücke mich vor Krokodilen und zuviel Natur. Wegen des permanenten
Unterwegsseins der vergangenen Tagen musste ich meine schreiberischen
Aufgaben vernachlässigen, da gibt es einiges aufzuholen.
Die Kameraden brechen mit Bernde am Steuer auf, ich schnappe mir den Laptop
und bummele durch die Straßen. Bereits um diese Tageszeit stolpern
partygezeichnete Grüppchen über ihre Füße, die Kneipen
sind gut gefüllt. Wahrsager und Kartenleger bieten ihre Dienste an.
Ein Farbiger ist beim Überqueren der Straße mitsamt Stoffhündchen
in der Bewegung eingefroren und bedankt sich aus dem Mundwinkel für
finanzielle Anerkennungen. Musiker bringen traurige Weisen, Jazz und Blues
wehen durch die sonnenbeschienenen Gassen. Ich bekomme eine Gänsehaut.
Als kreatives Zentrum suche ich mir ein Cajun-Restaurant am Hauptplatz
des French Quarter aus, direkt gegenüber der Kirche. Die traditionelle
Küche der Gegend besteht überwiegend aus Reis, Bohnen und Hühnchen,
alles schön scharf gewürzt. Ich wähle das Überblicks-Menü.
Die Erinnerungen an die vergangenen Tage sind aufgrund ihrer Vielfalt
schon ein wenig durcheinander geraten. Ich versuche, sie für andere
nachvollziehbar in Worte zu schmieden. Hoffentlich ist es mir gelungen.
Ich statte dem Internet-Cafe noch einmal einen kurzen Besuch ab, um die
Telefonnummer des Bürgermeisters von Jena/Louisiana herauszubekommen.
Seine Stadt und ihn wollen wir morgen besuchen. Die telefonische Kontaktaufnahme
schlägt leider fehl, es ist schließlich schon Freitag Abend
um 6. Da sind auch die Büros in den Südstaaten der USA verweist.
Bei ihrer Rückkehr haben die Freunde viel über laute Boote und
Krokodile zu berichten. Anschließend schleppe ich sie in mein heutiges
Kreativ-Zentrum, sie sollen auch die Chance auf gutes Essen haben. Schlepper-Honorar
habe ich nicht bekommen.
Anschließend vermessen wir noch einmal die Bourbon-Street. In einer
relativ leeren Kneipe schafft sich eine Black-Sabbath-Coverband, deren
Sänger zwar dicker als Ozzy ist, jedoch genauso kaputt. Der Bewegungsradius
um das Mikrofon herum beträgt zwei Meter in fünf Minuten, die
Mimik ist starr und ein scheußlicher Glitzeranzug spannt sich um
den zu großen Körper. Ein alter Teddy-Bär gibt den Last
Waltz. So sehen die vielen aus, die es nie wenigstens bis ins Mittelfeld
des Unterhaltungszirkus geschafft haben, sondern Jahrzehnte in den Karriere-Startlöchern
verharren mussten.
In einer ansonsten ausschließlich von Farbigen besuchten Diskothek
werden wir Zeugen von Paartänzen, die in anderen amerikanischen Städten
wahrscheinlich zur Anklage wegen ungebührlichen Verhaltens führen
würden. Einige andere Läden lernen wir noch kennen, dann gehen
die Lichter für Heute aus.
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