Sonntag und Wein vom 22.08.2004

Weil es gestern Abend so schön war, beehren wir am Morgen die örtliche „Subways“-Filiale noch einmal. Da hat man nicht so ein schlechtes Gewissen wie in den Burger-Bratereien, obwohl die „frischen“ Produkte der Sandwich-Monopolisten genauso schwer im Magen liegen. Heute ist Sonntag und die Straßen von Jonesville sind auch um 9 Uhr noch menschenleer. Wahrscheinlich erholen sich Cowgirls und –boys von der After-Rodeo-Party, bei der gestern Abend unsererseits nur Hoffi anwesend war. Soll wohl ganz interessant gewesen sein.

Den Umweg über Jena wollen wir heute durch eine konzentrierte Kilometerleistung wieder einholen. Zwerg gibt Gas und nach längerer Fahrt durch typische Südstaaten-Landschaften trägt uns der Highway 20 nach Mississippi. Der schmale Staat ist schnell überwunden, Alabama empfängt uns mit offenen Armen. Das bleibt nicht lange so. Beim Einkaufen für den heutigen Camping-Abend muss der Wein wieder ins Regal. In Alabama darf Sonntags kein Alkohol verkauft werden, nirgendwo. Wir lamentieren ein wenig mit den Angestellten, ereifern uns ein wenig über diese amerikanische Sicht der Dinge und fahren weiter.

Eigentliches Ziel war heute der Cheaha State Park, ein Campingplatz neben dem mit 2400 Fuß laut Straßenkarte „höchsten Punkt Alabamas“. Angesichts der Weinmisere entschließen wir uns, noch einmal 50 Meilen weiterzufahren und in Georgia unser Glück zu versuchen. Andere Bundesstaaten, andere Sitten und Gesetze denken wir uns. In diesem Falle ist dem dann leider nicht so, wir werden unsere Gourmet-Grillereien mit Cola runterspülen müssen. Auf der Suche nach dem Zeltplatz des John Tanner State Park biegen wir einmal falsch ab und landen in einer Barackensiedlung. Der Alkoholpegel der dort anzutreffenden Bewohner lässt bei mir Verständnis für das in hiesigen Regionen geltende Verkaufsverbot am Tage des Herren aufkommen.

Der Campingplatz ist erneut schick und liegt mitten im Wald. Das nach Sonnenuntergang von allerlei Getier dargebotene Geräuschkonzert ist ohrenbetäubend. An einem Baum neben dem Grill entdecken die Hobbybiologen der Kulturgruppe frisch geschlüpfte große Flattertiere, der Stamm ist übersäht mit leeren Kokons. Ehrlich gesagt mag ich Insekten ab einer kritischen Körpergröße nicht mehr wirklich leiden, interessant war es aber.

Kombüsenchef Hoffi wächst wieder einmal über sich hinaus und bereitet ein wahrlich königliches Mahl zu. Pappteller und Plastikgabel haben sich in Anwesenheit derartig hochkarätiger Gaumenfreuden sicherlich geschämt. Aber die können ja im Gegensatz zur Kulturgruppe nicht die ganze Nacht hindurch über alle denkbaren und unvorstellbaren Themen reden.

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